Sexuelle Gewalt
Was ist sexuelle Gewalt?
Unter sexueller Gewalt ist jede sexuelle Handlung zu verstehen, die gegen den Willen einer Person geschieht. Dazu zählt somit u.a. das unerlaubte Anfassen & Befummeln bis hin zum erzwungenen Geschlechtsverkehr, aber auch sexuelle Handlungen an anderen unfreiwillig durchführen zu müssen ist strafbar. Dies gilt auch dann, wenn die Opfer dem Anfassen, Geschlechtsverkehr, etc. wegen sprachlicher, geistiger, seelischer oder körperlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. In einigen Fällen nutzen die Täter*innen dabei ihre Autoritäts- und Machtposition zur Durchführung der Vergewaltigung, des Übergriffs, der Misshandlung oder der sexuellen Nötigung.
Was ist die Rechtslage bei sexueller Gewalt?
Im Strafgesetzbuch werden solche Taten durch verschiedene Paragraphen abgedeckt und umfassen eine große Bandbreite von Handlungen. Unter sexuellen Missbrauch (§§ 174, 174a, 174b, 174c, 176, 176a und 176b StGB) fallen sexuelle Handlungen – bspw. das nicht einvernehmliche Anfassen der Brust, des Genitalbereichs oder anderer Stellen des Körpers – an Kindern bzw. Jugendlichen oder Menschen, die widerstandsunfähig sind, bzw. in einem besonderen Verhältnis zu den Täter*innen stehen (z. B. Gefangene, Behinderte, Kranke). § 177 StGB bestraft den sexuellen Übergriff, die sexuelle Nötigung oder die Vergewaltigung. Hier werden alle sexuellen Handlungen verboten, die gegen den erkennbaren Willen der betroffenen Person erfolgen. Als besonders schwere Fälle sexueller Gewalt zählt der Gesetzgeber Vergewaltigungen aller Art: vaginal, anal, oral, als Gruppenvergewaltigung, also neben erzwungenem oder erpresstem Beischlaf alle Handlungen, die mit dem Eindringen in den Körper des Opfers verbunden sind. Eine Straftat kann aber auch dann vorliegen, wenn das Opfer sich mittels Erpressung für pornografische Darstellungen hingegeben muss oder das Opfer gegen seinen Willen pornografischen Darstellungen ausgesetzt wird.
Wer kann Opfer von sexueller Gewalt werden?
Alle Personen, unabhängig von Alter, Nationalität, Religion oder Aussehen, können Opfer sexueller Gewalt werden. Eine besonders vulnerable Opfergruppe sind Mädchen* und Frauen* mit Behinderungen, da der hilfsbedürftige Umstand dieser Personen oft durch Täter*innen ausgenutzt wird. Zudem finden zwei Drittel aller Vergewaltigungen im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz statt. Auch Kinder und Jugendliche können Opfer von sexueller Gewalt werden. Dabei kennen die Opfer die Täter*innen oft bereits vorher aus dem sozialen Umfeld. Opfer sexueller Gewalt kann man auch im Internet werden - egal ob durch invasive Nachrichten, unerwünschte Bilder oder illegales Filmen.
Viele Opfer schämen sich aufgrund der Erlebnisse Hilfe und Unterstützung einzufordern. Dabei liegt keinerlei Schuld bei den Opfern solcher Taten. Die Möglichkeit über das Geschehene zu reden und professionelle Unterstützung zu bekommen, kann dabei helfen zurück ins Leben zu finden.
Sexuelle Gewalt an Kindern
Sexueller Missbrauch oder sexuelle Gewalt an Kindern oder Jugendlichen ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Kindern und Jugendlichen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der/die Täter*in nutzt dabei die vorhandene Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen. Dabei beginnt sexuelle Gewalt an Kindern bereits bei Belästigungen oder Beleidigungen eines Kindes durch sexualisierte Worte. Auch kann es zu ungewolltem Anstarren oder sogar Berührungen kommen.
Sexuelle Gewalt findet dort am häufigsten statt, wo sich Kind und Täter*in kennen, also im nahen sozialen Umfeld der Kinder und Jugendlichen. Dazu gehören der Freundes- und Bekanntenkreis der Familie, die Nachbarschaft sowie die Familie selbst. Auch in Bildungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen erleben Kinder und Jugendliche sexuelle Gewalt. Insgesamt sind zwei Drittel der Opfer Mädchen, während ein Drittel Jungen sind. Als besonderes Risiko gilt Behinderung: Kinder und Jugendliche mit kognitiven und/oder körperlichen Behinderungen sind erheblich stärker gefährdet, Missbrauch zu erleiden und damit alleine zu bleiben. Auch Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern oder ständige Bezugspersonen in stationären Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe oder psychiatrischen Kliniken leben, sind besonders betroffen von sexuellem Missbrauch.
Wo kriege ich Hilfe bei sexueller Gewalt?
Wer stillsteht und die Übergriffe sowie Misshandlungen über sich ergehen lässt und dabei hofft, dass alles besser wird, gibt sich zumeist einer Illusion hin. Vielmehr laufen diejenigen, die Erfahrungen mit sexueller Gewalt als Geheimnis für sich verwahren, Gefahr, ernsthaft zu erkranken. Oft sind Angstzustände und Depressionen, die sogar in Suizidgedanken münden können, die Folge. Sexuelle Gewalt ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine – in vielen Fällen schwere –Straftat. Wem sexuelle Gewalt widerfahren ist, der muss jedoch nicht allein auf sich gestellt bleiben. Professionelle Beratungsstellen sind mit viel Fingerspitzengefühl und Empathie für alle Personen da. Den fachkundigen Experten können Sie Ihr Geheimnis anvertrauen, wie das viele Menschen vor Ihnen bereits getan haben. Sie wissen auf was es ankommt und wie Ihnen am besten geholfen werden kann. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie unter odabs.org.
Ich wurde vergewaltigt. Was nun?
Wenn Sie Opfer einer Vergewaltigung wurden, können Sie Hilfe bei professionellen Beratungsstellen finden. Diese verfügen über speziell ausgebildetes Personal, was Erfahrung bei solchen Situationen hat und Ihnen zuhören und helfen kann. Dabei können Beratungstellen Sie bei jeglichen nächsten Schritten unterstützen, z.B. bei der Anzeigeerstattung oder der Begleitung zur Polizei oder zu Gericht. Um eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe zu finden, welche Ihnen nach einer Vergewaltigung zur Seite steht, nutzen Sie die Filterführung von ODABS.
Nach einer Vergewaltigung kann es auch sinnvoll sein, die Beweise der Tat zeitnah und vertraulich sichern zu lassen, falls Sie ein späteres Gerichtsverfahren anstreben wollen. In Deutschland stehen für die rechtssichere Beweissicherung verschiedene Kliniken oder Gewatschutzambulanzen zur Verfügung. Die Beweisicherung wird von den Krankenkassen übernommen. Da die Angebote der vertraulichen Beweissicherung jedoch nicht flächendeckend in Deutschland vorhanden sind, kann eine gezielte Suche nach Angeboten in der Region hilfreich sein. Um Angebote der vertraulichen Beweissicherung in Ihrer Nähe zu finden, klicken Sie hier.
Vorurteile bei Vergewaltigung
Häufig wird bei einer Vergewaltigung aufgrund von Vorurteilen den betroffenen Personen die Schuld gegeben. Das führt dazu, dass viele Betroffene sich schämen und sich nicht trauen, über das Geschehene zu sprechen oder die Straftat anzuzeigen. Dabei kann jeder Person Opfer einer Vergewaltigung werden, unabhängig von Alter, Aussehen, Kleidung oder Hintergrund. Auch das Verhalten nach einer Vergewaltigung sagt nichts über Schuld aus, denn es gibt kein "richtiges" Verhalten nach einer Vergewaltigung. Dazu kommt, dass ein Großteil der Vergewaltigungen nicht durch Fremde geschieht, sondern im Familien- oder Bekanntenkreis stattfinden. Deswegen muss klar sein: Nein heißt Nein! Niemand hat das Recht, über den Körper einer anderen Person zu bestimmen.